Als Jahangir Ende 1627 starb, befand sich sein ältester Sohn Khurram
im Dekkan. Diese gab seinem jüngeren Bruder Shahryar die Chance, sich
zum Kaiser ausrufen zu lassen. Unterstützt und angetrieben wurde er
dabei von Nurjahan, deren Tochter aus erster Ehe er zur Frau hatte. Shahryar
besaß aber weder Charakter noch Härte, ein solches Abenteuer
erfolgreich durchzustehen. Khurram, gestützt von seinem Schwiegervater
Asaf Khan, griff hart durch, und ließ alle männlichen Verwandten
ermorden. Wenige Monate nach dem Tod des Vaters hatte er die Lage in der
Hand und konnte sich als Shah Jahan (Herrscher der Welt) krönen lassen.
Während seiner Regierung wurde die Politik seiner Vorgänger
fortgesetzt. Trotz zahlreicher Kriege gelang es auch ihm nicht, den Dekkan
(in Südindien) fast in den Reichsbesitz einzugliedern. Er scheiterte
nicht nur am Widerstand der dortigen mohammedanischen Fürsten, sondern
auch an den Marathen, die sich als hinduistisches Volk gegen die
Bevormundung Delhis wehrten.
Die Kämpfe im Dekkan wurden mit äußerster Härte geführt.
Bis zur systematischen Verwüstung ganzer Landstriche, wobei die Bauern
teils erschlagen, teils in die Sklaverei verkauft wurden. Wo man militärisch
nicht durchkam, versuchte man die Wirtschaftskraft des Gegners zu schwächen.
Diese Kampfesweise stand im Widerspruch zu den alten hinduistischen
Kriegsregeln, nach denen die Bauern als Nichtkombatanten nicht angetastet
werden durften. Das Zeitalter des Nationalismus warf seine ersten Schatten
voraus, das einfache Volk wurde in das politische Geschehen einbezogen. Die
Feldzüge im Dekkan standen lange unter dem Komando Aurangzebs, des
begabtesten der Söhne Shah Jahans. Der Kaiser entfaltete indessen in
Agra den Prunk seines Hofes. Sein erstes großes Werk war der
Pfauenthron, dessen Kosten dem Steueraufkommen einer großen Provinz
entsprachen. Dieser Thron wurde 1740 vom Perserkönige Nadir Shah
erbeutet, er befindet sich heute noch in Tehran.
Das nächste große Werk Schah ahans, das die Aufmerksamkeit
erregte, war das Mausoleum für seine Frau Mumtaz Mahal. Entgegen der
Gewohnheit der Kaiser, viele Frauen zu haben, lebte Shah Jahan monogam, bis
Mumtaz Mahal, die ihm 14 Kinder geboren hatte, 1631 im Kindbett starb.
Das Mausoleum, bekannt unter dem Namen Taj mahal ( Krone der Baulichkeiten
) steht in Agra, es ist das bedeutendste Zeugnis islamischer Baukunst in
Indien. Bis zu 20,000 Menschen waren von 1631 bis 1653 gleichzeitig am Bau
beschäftigt, die Kosten brachten die Staatsfinanzen ins Wanken. Um zu
ermessen, was dies bedeutet, muß man sich vergegenwärtigen, daß
das Mogulreich zu seiner Zeit wohl das größte und finanzkräftigste
Reich der Erde war.
Das Geld für eine derart absolutisch-extravagante Hofhaltung mußte
mit Gewalt eingetrieben werden. Bernier, ein zeitgenössischer französischer
Reisender, schreibt über die schonungslose Willkür der
Provinzialgouverneure und ihre nachgordneten Organe. Deren Tyrannei war oft
so übermäßig, daß die Bauern und Handwerker des Nötigsten
zum Leben beraubt wurden und sie in Elend und Erschöpfung starben.
Um
der Unterdrückung und den Qualen des Verhungerns zu entfliehen, trieb
es die Bauern aus ihren Elendschütten in verschiedene Nachbarstaaten in
der Hoffnung besser behandelt zu werden. Andere trieb in die Armee, wo sie
Diener der Soldaten wurden. Da der Boden nur selten bestellt wird, es sei
denn unter Zwang, und da niemand bereit war, die Gräben und Wasserkanäle
instand zu halten, wurde das ganze Land schlecht bestellt und weitgehend
wegen Wassermangel unergiebig. Das Land wurde durch die Notwendigkeit
ruiniert, die enormen Summen aufzutreiben, die erforderlich waren, den Glanz
der vielen Höfe zu unterhalten, und die Armee zu bezahlen, die man
brauchte, um das Volk unterdrückt zu halten. Dieser Menschen können
man sich zum Wohle anderer abrackern, und wenn sie durch alle Arten
grausamer Behandlung zur Verzweiflung getrieben worden sind, ist es die
Armee, die ihren Aufstand oder ihre Flucht verhindert.
Als 1657 bekannt wurde, daß Shahjahan ernstlich erkrankt sei,
befanden sich die vier seiner Söhne, die auf den Thron spekulierten, in
den ihnen zur Verwaltung übertragenen Provinzen. Dara Shikoh war im
Punjab, Shuja in Bengalen, Aurangzeb im Dekkan und Murad Bakhsh in Gujarat.
Alle vier verfügten über die Einnahmen ihrer Provinzen und
wohlausgerüstete Armeen, die sie nun einsetzten, im Kampf aller gegen
alle, den Thron zu gewinnen. Dara Shikoh, der in Charakter und Neigung Akbar
ähnelte, hatte nicht die erforderliche Konsequenz für diesen
Kampf. Seine Schlachten gingen unglücklich aus, bis er schließlich,
durch ganz Indien gehetzt, elendiglich umkam. Er hatte sich durch sein
breitgestreutes religiöses Interesse unter den mohammedanischen Führern
viele Feinde gemacht, man hatte es ihm verübelt, daß er die
Upanishaden ins Persische hatte übertragen lassen. Shuja, dem zweitältesten,
fehlte es an Entschlußkraft. Murad Bakhsh war ein Mann großer
persönlicher Tapferkeit, aber nicht intelligent genug, das Netzwerk der
Intrigen zu durchschauen, mit denen Aurangzeb, der kühle überlegene
Rechner, das Spiel gewann. Seinen Vater setzte er in der Kaiser Burg von
Agra gefangen, bis dieser dort, angesichts des Taj Mahal, in hohem Alter
starb.
Shahjahan wurde neben Mumtaj Mahal in Taj Mahal begraben.