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Aufbau der Stadt und ein kurzer Traum |
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Der Geschichte nach soll Babur der kleinen unterdeutenden Ortschaft, vor deren Toren er 1527 einen Sieg über den Rajputen-Führer Rana Sanga errang, den Namen Sikra gegeben haben, abgeleitet vom arabischen "Shukria" (Gott sei gedankt), aus dem später Sikari wurde.
Akbar war unumstrittener Herr über den Großteil des Subkontinents. Nur um Kabul gab es einen endlosen Familienstreit nach bester Timuridentradition. Dort saß, noch von Humayun eingesetzt, sein Halbbruder Hakim, der sich ebenfalls als Herr Indiens fühlte. Mit rechtlichen Argumenten war ihm nicht beizukommen, fehlte doch Akbar immer noch, was einen Mann in den Augen von Moslems erst zum Mann macht, ein Sohn. Bei Akbars reichem Vorrat an Frauen verwunderten sich darüber schon seine Zeitgenossen. Nur ein Zwillingspaar wurde geboren, verstarb aber bald nach der Geburt und auch Akbar schien nicht allzuviel Vertrauen in seine Männlichkeit zu haben. Einmal pro Jahr unternahm er, meist zu Fuß, eine Wallfahrt "zu heiligen Männern" der Chisti-Sekte, einer kleinen islamischen Eremitengruppe, deren Gebet als besonders potenzfördernd angesehen wurde. Meist ging die fomme Tour nach Ajmer (Rajasthan) an das Grab des Khawaja Moinuddin Chisti, das heute noch ein Wallfahrtsort aller Impotenten Indiens ist, mittlerweile aber benachbart dem größten Sterilisationszentrum der neueren Regierung.
Erfolg hatte erst ein Muslim-Heiliger (Sufi) Shaikh Salim Christi, der auf dem Hügelrücken in Sikari als Einsiedler lebte. Er prophezeite dem Kaiser, Vater dreier Söhne zu werden, und als kurz darauf die Hindu-Gemahlin tatsächlich schwanger wurde, brachte sie Akbar persönlich in die Eremitage des Heiligen, wo sie am 30. August 1569 einen Knaben gebar. Nach dem Heiligen wurde er Salim benannt, später aber nahm er den Namen Jahangir an. Kurz darauf konnte eine zweite Schwangere nach Sikari geschickt werden, die die Mutter des Prinzen Murad wurde. Und nach einer Wallfahrt 1572 nach Ajmer (Rajasthan) wurde auch noch Prinz Danijal geboren.
Der Kaiser Akbar war tief befriedigt. Er hielt den Ort, wo solches geschehen war, für glückbringend und gründete dort eine neue Residenzstadt. Zuerst wurde 1569 eine elf Kilometer lange Mauer mit sieben Toren rund um die Anhöhe erbaut. Dann begann man mit dem Bau der Stadt, die 1574 fertiggestellt war. Die kurze Zeitdauer ist damit zu erklären, daß hier viele Steinmetze und Bauarbeiter lebten, die das Baumaterial an Ort und Stelle fanden und verarbeiteten.
Er verließ das Rote Fort in Agra und regierte fortan von Sikari aus. In Windeseile wuchs Sikari zu einer Großstadt, die nach dem Sieg über Gujrat noch den Beinamen Fatehpur, "Siegesstadt", erhielt. Als die ersten Europäer sie besuchten, wohnten etwa 600000 Menschen am Füße des Hügels mit der grandiosen Residenz des Kaisers.
Das schnelle Wachstum der Stadt war aber auch das Todesurteil aller Prunkbauten, die noch nicht vollendet waren. Akbar wurde die ganze Sache leid, und er übersiedelte samt Hof wieder nach Lahore (heute Pakistan) und dann nach Agra. Nur die Familie von Shaikh Salim Chisti blieb zurück.
Der künstliche See und die zahlreichen Brunnen und Bäder in der Stadt lassen diese Theorie ziemlich unglaubhaft erscheinen. Wahrscheinlicher sind politisch-militärische Gründe. Mit der Ausbreitung des Reiches hatte Fatehpur Sikari seine strategische Bedeutung als Grenzbollwerk verloren und dies hatte seinen Niedergang zur Folge.
Fatehpur Sikari begann ebenso rasch wieder zu verfallen, wie sie aufgebaut worden war. Endgültige Zerstörung haben die Jat-Krieger von Bharatpur im 18.Jahrhundert angerichtet. Nur dem Sandstein konnten sie nichts anhaben. Ein Übriges taten die Bewohner der langsam zu Füßen des Hügels anwachsenden Ortschaft, die die Anlage als willkommenen Steinbruch zur Errichtung ihrer eigenen Behausungen ansahen.
Fatehpur Sikari ist heute ein armseliges Dorf und die erhaltene Palastanlage sieht aus wie eine utopische Stadt. Zu Steinen ist das indische Klima immer schon freundlich gewesen.