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Khajuraho : Tempel der Sinne |
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EINFÜHRUNG
Erotische Kunst zur Verherrlichung der Götter. Die Tempel von
Khajuraho in Zentralindien lösen noch heute bei vielen Besuchern Empörung
oder Verwirrung aus.
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über 2000 Skulpturen an den Außenwänden der Tempel zeigen Götter,
Himmelstänzerinnen, Engel, Fabeltiere und Maithunas: Paare beim Akt.
Kaimur-Sandstein erlaubte den Bildhauern, genaueste Einzelheiten zu
gestalten. In einem Ausbruch kreativer Energie erschufen sie eine überschwängliche
Verherrlichung des Lebens, ein opulentes, sinnliches und heiteres
Aufeinandertreffen der göttlichen und der profanen Welt. Doch im
Zusammenhang mit der hinduistischen Mythologie müssen die erotischen
Darstellungen angemessen interpretiert werden. Im Liebesakt wird nicht nur
die Vereinigung von Mann und Frau, sondern auch der Zeugungsakt der Weltschöpfung
durch die Götter gesehen.
Von den ehemals 85 Tempeln, die vor 1000 Jahren gebaut wurden, sind heute
noch 25 erhalten. Sie gehören zu den künstlerischen Wundern der
Welt. Jeder Tempel wurde nach festgelegten Regeln gebaut und dabei dem
Aufbau des menschlichen Körpers nachempfunden.
Die Tempelbesichtigung
Die phantastischen Tempel von Khajuraho entstanden im 10. und 11.
Jahrhundert, als der kämpferische Rajputenclan (Chandella) auf dem Höhepukt
seiner Macht war.
Die Chandellas glaubten daran, daß Tempelbauten einen Platz im Himmel
sichern würden, und sie schufen die ihren in einem Ausbruch an
Schaffenskraft. Bis heute ist nicht geklärt, wie die Chandellas, die
ihre ausgefallenen Träume und Phantasien der Nachwelt in Stein erhalten
sollten , sie sich für diesen abgelegenen und ungastlichen Standort
entschieden hatten.
Für diese Tempelbauten wurde Sandstein vom Ufer des Ken-Flusses
verwendet. Dieser Sandstein ist hervorragend und leicht zu bearbeiten.
Unzählige Künstler und Arbeiter haben über Generationen an
diesen Tempeln gearbeitet , die über eine bemerkenswete Homogenität
in Stil , Kunstfertigkeit und Qualität der Ausführung verfügen.
Meister müssen die Arbeit Anderer überwacht haben, um so den
individuellen Skulpturen einen Hauch von Genialität zu verleihen und
dem Ganzen ein Gefühl von Einheit und Ausgeglichenheit zu vermitteln.
Die bearbeiteten Steinblöcke wurden durch komplizierte
ineinandergreifende. Verzahnungen und Metallklammern zusammengehalten. Die
Skulpturen wurden separat angefertigt und später in ihre vorbestimmten
Positionen eingesetzt.
Diese Technik setzte sorgsame Planung und genaue Kontrolle voraus und wurde
aus zwei Gründen angewendet : Die Steinblöcke konnten nicht vor
Ort oder in ihren endgültigen Positionen bearbeitet werden , denn Beschädigungen
oder Schäden an den Skulpturen galten als schlechtes Omen. Daher wurden
die Skulpturen erst individuell aus Steinblöcken gehauen und ganze
bearbeitete Gesimse in gleiche Teile unterteilt und vor Ort zusammengefügt.
Die Tempel waren übrigens seit den Eroberungszügen der Moslems in
Vergessenheit geraten und länger als 600 Jahre von Dschungel überwuchert;
sie wurden erst 1840 wieder von den Engländern entdeckt. Diese machten
sich zunächst daran , sich ihrer grünen Umschlingung zu entreißen
und restaurierten sodann die etwa zwanzig Tempel, die erhalten blieben. Die
meisten Tempel werden nicht mehr benutzt.
Die Tempelanlage zählt heute zu den bedeutendsten Kulturdenkmälern
Indiens und ist von der UNESCO vor einigen Jahren zum kulturellen Welterbe
erklärt worden.
Diese verbliebenen Tempel stellen eine Synthese indischer Bildhauerkunst
und Architerktur in ihrer Blütezeit dar. Die Tempel sind aus mattem
Sandstein erbaut und stehen auf einer erhobenen Terrasse (Jagat ). Der
Sockel der Tempel ist über mehrere Stufen abgestuft. Die Bauelemente
sind von Osten nach Westen die offene Eingangshalle (Ardha-mandapa ), die
Vorhalle (Mandapa), die Haupthalle (Maha-mandapa), ein kurzes Vestibül
(Antarala ) und die Cella ( Garbha-griha).
Die größeren Tempel besitzen außerdem auch einen um das
Allerheiligste führenden Wandelgang (Pradakshina patha).Über den
vier Bauteilen wachsen vom Ostportal bis zur Spitze (Kalasa) über der
Cella die Dächer in einer Folge von Scheinkuppeln bergartig an. Die
Turmspitze (Sikhara) steigt aus vorgeblendeten Halb-und Vierteltürmen
empor- dem mythischen Weltberg Meru (Wohnsitz der Götter) über dem
Kultbild symbolisierend. Der konvex gekrümmte Turm, bei dem die
vertikalen , durch Vor und Rücksprünge gebildeten Linien gegenüber
den horizontalen Geschoßteilungen dominieren, charakterisiert den
nordindischen Tempeltyp.
Die meisten Tempel sind so ausgerichtet ,daß das Allerheiligste mit
dem Kultbild nach Osten in Richtug Sonnenaufgang geöffnet ist, damit
die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne das Innere des Tempels erreichen.
Diese mittelalterlichen Tempel sind in drei große Gruppen eingeteilt,
die westliche Gruppe, inmitten einer Parkanlagen, gilt als dis schönste
und die kuntsgeschtliche ,
die östliche Gruppe liegt ganz nahe
bei dem Dorf Khajuraho,
die südliche Gruppe ist etwa 5 km
entfernt.