Agra
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Das Rotes Fort |
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An einer Biegung Yamuna (Fluß), 2 km nordwestlich des Taj
Mahal, ragen die hohen Festungswälle aus rotem Sandstein empor.
Mogulkaiser Akbar ließ diese majestätische Anlage, erbaut
zwischen 1565 und 1573 in Form eines Halbmondes.
Unter Akbar entstanden die Mauern und Tore, unter seinem Enkel Shah Jahan
die meisten der Hauptgebäude und unter Aurangzeb, dem letzten großen
Mogulherrscher, die Schutzwälle.
Kein
Mogul-Herrscher prägte durch seine Bautätigkeit Burgresidenz und
Umland stärker als Shah Jahan: Während seiner Regierungszeit
gelangte die Mogul-Architektur zur vollen Reife. Ohne Rücksicht auf die
Finanzverhältnisse ließ er seine großartigen Bauwerke,
darunter das monumentale Mausoleum Tadsch Mahal, in Sichtweite des Forts
gelegen, mit verschwenderischen Mengen an weißem Marmor verschönern
und durch Einlegearbeiten aus Halbedelsteinen schmücken. Shah Jahans
feingliedrige Kunstwerke konstrastieren reizvoll mit den wuchtigen
Sandsteinmauern und Wehrtürmen dieser typischen Mogul-Residenzburg, die
dem Herrscher, der nach dem Tod seiner Gemahlin die Regierungsgeschäfte
zu vernachlässigen begann, schließlich zum Gefängnis wurden:
Sein Sohn Aurangzeb entmachtete ihn 1658 und hielt ihn bis zu seinem Tod
1666 hier gefangen. Die letzten Lebensjahre verbrachte er im achteckigen
Burgpavillon Samman Burj, von wo er das Mausoleum seiner geliebten Gemahlin
Mumtaz Mahal betrachten konnte.
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Plünderungen und Verwahrlosung |
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Als Kaiser Aurangzeb glücklosen
Nachfolgern nach 1707 allmählich die Zügel der Macht entglitten,
stürmten die Reiterhorden der westindischeen Marathen zweimal die
Palastresidenz und plünderten sie. Die kriegerischen Reiter beraubten
den Marmorpalast Shah Jahan seines Goldüberzugs und brachen
Halbedelsteine aus den Dekorationen der anderen Bauwerke, deren Möblierung
sie außerdem mitnahmen.
Als englische Kolonialtruppen das Fort 1803 besetzten, wandelten die
Offiziere durch die gähnend leeren Hallen eines verwahrlosten
Palastbereichs.
Während des Aufstandes der Sepoys, wie die indischen Hilfssoldaten der
Kolonialarmee hießen, verwandelte sich Agra 1857 in ein Schlachtfeld.
An den britischen Befehlshaber Colvin, der bei den Gefechten sein Leben ließ,
erinnert ein Grabmal vor der Großen Audienzhalle. Nach der
Niederschlagung des Aufstandes waren von den ursprünglich 500 Bauwerken
nur im Südosten wenige Zeugnisse vollständig nur einen kümmerlichen
Abglanz der einstigen Palastherrlichkeit.
In der Folgezeit erbauten die Engländer im Burgareal Verwaltungsgebäude
und Kasernen, die das Gesamtbild stark beeinträchtigen. Nach ersten
Restaurationen im vorigen Jahrhundert ersetzten britische Ingenieure
zwischen 1946 und 1949 vor allem am Khas Mahal die Mogulzeit durch Eisenträger.
Der Zugang für die Besucher erfolgt heute durch das an der Südseite
gelegene Amar Singh Tor, das man nach Überqueren des Wassergrabens
betritt. Eine lange Rampe führt vom Torbau hinauf zu den Gebäudekomplexen.
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Die öffentliche Audienzhalle
(Diwan-i-am) |
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Die an drei Seiten offene, von Pfeilern
getragene Halle wurde 1628 unter Kaiser Shah Jahan erbaut und 1876 im
Auftrag Sir John Stracheys restauriert.
Das
flache Dach ruht auf drei Reihen weiß polierter, mit Fächerbögen
gekrönter Stuckpfeiler. Wenn der Herrscher Audienz hielt, war die Halle
mit Brokatvorhängen, Teppichen und Baldachinen geschmückt.
Die reich verzierte
Thronnische bietet Zugang zu den dahinter
liegenden Kaisersgemächern. Sie beherbergte ursprünglichden mit
Edelsteinen übersäten Pfauenthron, der ins Rote Fort nach Delhi
gebracht wurde, als Shah Jahan seinen Hofstaat dorthin verlegte ; er landete
schließlich in plünderte.
Neben der Nische befindet sich der
Baithak, ein kleiner
Marmorblock, auf dem die Minister saßen, während sie Petitionen
vorbrachten und Befehle entgegennahmen. Hier wurde auch Recht gesprochen und
sogleich vollzogen.
Durch silberne Geländer getrennt, versammelten sich in der Halle die Würdenträger,
streng nach Rang geordnet. Die niedrigeren Chargen mußten mit den
Bogengängen in der rings um den Platz verlaufenden Galerie
vorliebnehmen, wobei jeder Edelmann den ihm zugewiesenen Abschnitt auf
eigene Kosten zu gestalten hatte. Die Folge war eine lebhafte Konkurrenz
unter den Gefolgsleuten, den eigenen Standplatz möglichst luxuriös
mit Brokaten und Teppichen auszustatten. Sogar die Frauen des Harems
beteligten sich, unsichtbar hinter Gittern verborgen, an den Debatten.
In der Mitte des großen Hofes vor der Halle befindet sich des im
gotischen Stil gehalten
Grab von John Rssel Colvin, dem
Vizegouverneur der Nordwestprovinzen, der hier während des
Sepoy-Aufstands 1857 fiel.
Die bedeutendste Moschee in der Palastburg ist die schlichte Moti Masjid,
die 1653 vollendete
Perlen-Moschee. Hinter den Sandsteinmauern des
dreikuppeligen Gebetshauses, zu dessen Eingangstor eine Doppeltreppe führt,
erstreckt sich ein aus weißem Marmor geschaffener Innenhof mit
Arkadengang. Über den Säulen schuf man einen Fries, dessen
eingelegte schwarze Schriftzeichen den Namen des Erbauers Shah Jahan erwähnen
und die Moschee mit einer makellosen Perle vergleichen. Aber nicht zu gänglich.
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Königlich Pavillions |
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Die rings um eine hohe Terrasse mit
Blick auf den Fluss gruppierten
königlich Pavillions wurden an
dieser Stelle errichtet, um von der frischen Brise zu profitieren.
Östlich des Diwan-I-Am schließt sich der
Machi Bhavan
an, ein an drei Seiten von doppelstöckigen Bogengalerien umschlossener
Hof. Das Zentrum der südlichen Front ist im oberen Stock als eine Art
Pavillon gestaltet, in dem der goldene Thron des Herrschers seinen Platz
gehabt haben soll. Auffallend auch hier die vier balusterförmigen Säulen
als Symbole unumschränkter Macht.
Vom Machi Bhavan hat man Zugang zur kleinen, nur zwei Schiffe und drei
Joche aufweisenden
Naginamoschee, die dem Herrscher als Privatmoshee
diente, vielleicht aber auch von seinen Frauen genutzt wurde. Einmal mehr
unterstreihen Balustersäulen das königliche Privileg. Dies wird
auch sonst nur noch in den Privatgemächern anzutreffen ist.
Unterhalb der Moschee lag in einem kleinen abgeschlossenen Hof der
Meenabasar.
Einmal im Jahr durften hier die sonsts im Harem verborgen lebenden Hofdamen
kleine Stände aufbauen und Markt spielen, wobei die Möglichkeit zu
vorsichtigen Kontakten mit den männlichen Palastbewohnern den
eigentlichen Reiz dises karnevalartigen Vergnügens ausmachte. Bei einem
derartigen Markt soll Jahangir die wunderschöne Mehrunissa
kannengelernt haben, die später als Nur Jahan (Licht der Welt) großen
Einfluß am Hof ausübte.
Am Hof schließt sich die
private Audienzalle (Diwan-I-Khas)
an, wo der Herrscher König, Würdenträger und Botschafter
empfing. Das 1635 erbaute Gebäude wurde 1803 von den Kanonen General
Lakes schwer beschädigt, doch die mit Zierpfeilern und -bögen
versehene Halle blieb erhalten.
An der Ostseite des Gevierts weitet sich das erste Stockwerk zu einer
Plattform mit Blick auf den Fluß. Ein schwarzer Marmorblock markiert
den Thron Jahangirs versehen mit einer umlaufenden Inschrift aus dem Jahre
1603, die seine Thronbesteigung preist. Der Herrscher hat das Prunkstück
aus Allahabad hierher bringen lassen, wo er sich in Opposition zu seinem
Vater Akbar schon zwei Jahre vor dem Beginn seiner legitimen Regentschaft
als Kaiser hatte ausrufen lassen.
Wahrscheinlich ruhte sich Shah Jahan abends auf den Thron, um die zu seiner
Erbauung vorgeführten Elefatenkämpfe im Osthof zu beobachten.
Von diesem öffentlichen Hof hat man einen bezaubernden Blick über
die Yamuna hinüber zum Taj Mahal.
An der Rückseite des Diwan-I-Khas führt ein Bogengang zu einem
zweistöckigen Pavillon oder Turm, genannt
Musamman Burj. In der
achteckigen Kammer hier oben soll Shah Jahan der Legende nach vor seinen Tod
einen letzten Blick auf das Taj Mahal geworfen haben. Das elegante, von
einer Veranda umgebene Bauwerk ist verschwendersich mit Einlegearbeiten
(pietra dura) verziert.
Shah
Jahan ließ fast alle Gebäude seiner Vorgänger einreißen
und durch neue, überwiegend mit Marmor verkleidete Bauten ersetzen. Wie
im Roten Fort von Delhi reihen sich die Privatgemächer entlang der dem
Fluß zugewandten Seite der Festung, und auch sonst weisen beide
Befestigungsanlagen zahlreiche Parallelen auf.
Südlich des Musamman Burj liegt der marmorne
Privatpalast
(Khas Mahal) der wahrscheinlich die Wohn - oder Schlafgemächer des
Kaisers beherbergte. Er wird flankiert von zwei Goldenen Pavillions, deren
geschwungene Dächer mit vergoldetem Kupfer überzogen sind.
Die Wand zur Yamuna hin ist als durchbrochenes Gitter ausgeführt- Kühlung
und Aussicht gleichermaßen. Der früher verwahrloste Garten wurde
mittleweile wieder hergerichtet und bildet mit seinen Blumenbeeten, den
hochgelegten Marmorpassagen und dem zentralen Wasserbecken ein gelungenes
Ensemble.
Links und rechts wird der Khas Mahal von Gebäuden mit geschwungenen
bengalischen Dächern flankiert, die mit vergoldeten Kupferplatten
belegt sind.
Im südlichen Pavillon residierte Shah Jahans älteste und von ihm
am meisten geliebte Tochter Jahan Ara, die nach dem Tode vom Mumtaz Mahal
als Begum Sahib die Repräsentationspflichten am Hof übernahm.
Von der Brüstung des nördlichen Pavillons pflegte sich Shah Jahan
jeden Morgen dem unterhalb der Mauern versammelten Volk zu präsentieren,
wobei das von den goldenen Dächern reflektierte Licht ihn wie in einen
Heiligenschein eingehüllt haben soll.
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Die Paläste von Jahangir und Akbar |
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Unmittelbar südwestlich des Shah
Jahani Mahal steht der wuchtige
Jahangiri Mahal.
Das Innere diesses roten Sandsteinpalastes, entweder von Jahangir selbst
oder von Akbar für seinen Sohn erbaut, ist fast gänzlich im
hinduistischen Stil ausgeführt. Schon im Grundriß wird deutlich,
daß seine Architekten, die aus verschiedenen Teilen Asiens stammten
und beim Bau unterschiedliche Konzeptionen einbringkonnten, altindische und
persische Raumvorstellungen verwirklichten.
Im
Ostteil entstand durch die ringförmige Anlage aller Höfe und Räume
um einen zentralen Hof nach Art eines hinduistischen Diagramms in
Quadratform ein indischer Palast, der allerdings unvollständig
blieb.Der westliche Hof verweist auf persische Traditionen. Fassaden mit
Keilbögen rahmen diesen Hof ; nach indischem Vorbild gestaltete
Fassadem mit Stüzen, Architraven, ausladenden Konsolen und auf Konsolen
lagrn den Traufbrettern, kennzeichnen der Hof des Palastes, der den Übergang
von hinduistischen zu islamischen Bauformen erkennen läßt.
Besonders in der Nordhalle ist festzustellen, wie die plastischen Motive und
Kragformen, die sich aus der lokalen Holzarchitektur entwickelten, in den
dauerhafteren Werkstoff Stein umgesetzt wurden.
Wuchtige Steinplatten schließen die rechteckigen Wohnräume ab;
die schweren Dächer mit ihren als Sonnenschutz gedachten Vorsprüngen
ruhen auf schlanken Pfeilern Die Räumlichkeiten westlich der
Versammlungsshalle dienten wahrscheinlich Akbars Frau Jodhabai als Tempel
und Auffenthaltsraum. In die auf drei Untergeschosse vertilten Kellergemächer
zogen sich die Herrschaften vor der Hitze zurück.
Jahangirs Hauz, eine riesige, 1611 aus einem einzigen Porphyrblock
gehauene und mit persischen Inschriften versehene Badewanne, wurde im 19 .
Jh. Ausgegraben und steht im Hof vor dem Jahangiri Mahal.
Von hier aus sind es nur wenige Schritte bis zur breiten, zum Ausgang
hinabführenden Rampe. Auf dem Weg zurück zum Amar Singh -Tor
linker Hand passiert man eine Versammlungshalle, eine Veranda mit Blick auf
den Fluss und ein paar Ausgrabungsstück. Dies sind die einzigen Überreste
des südlichsten Palastes, des ehemals weitläufigen, 1571 erbauten
Akbari Mahal.
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