Der Himalaja
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Bedeutung des Himalaja für Indien
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Am Himalaja, dem längsten, breitesten und höchsten
Gebirge der Welt, hat Indien politisch nur noch einen geringen Anteil.
Kulturell ist der Himalaja von Indien durchdrungenes Gebiert, seine Bewohner
fühlen sich dem Hinduismus oder dem Buddhismus verpflichtet.
Wirtschaftlich könnte Indien ohne den Himalaja gar nicht bestehen, es
lebt von seinem Wasser. Kein Inder würde auf den Gedanken kommen, bei
der Beschreibung seines Landes den Himalaja auszuklammeren, nur weil der größte
Teil dieses Gebietes zu Nepal, Sikkim und Bhutan gehört, weil der
Besitz Kaschmirs nicht unwidersprochen geblieben ist und weil die Chinesen
darauf drängen, ihre Grenze, deren genauem Verlauf im Niemandsland der
Eisregionen bislang keine Bedeutung zukam, über die Wasserscheide
hinaus nach Süden vorzuschieben.
Wer in der heißen Ebene Nordindiens gelebt hat, kann gut verstehen,
daß der Himalaja das Land der Sehnusucht ist, ja eine sakrale
Landschaft. Über der Stätte des Schnees walten Kühle und
Klarheit, von ihr kommen nicht nur die Ströme, die die durstenden
Felder erquicken, sondern das erhabene göttliche Wissen, das Geist und
Seele befruchtet. Auf den Gipfeln thronen die Götter. In der Sprache
seiner Täler heißt der Everest Chomolungma, Göttinmutter des
Landes. Auf dem Kailash, nördlich der Wasserscheide auf tibetischem
Boden gelegen, sitzt Shiva in tiefer Meditation, oder hält Hof zusammen
mit seiner Gattin Parvati, der Tochter des Himalaya.
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Eroberung der Achttausender |
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Das ewige Eis des Himalaja hat nicht nur die Pilger
angezogen, sondern auch die Bergsteiger, die in hundertjährigem Ringen
nun die höchsten Gipfel bezwungen haben. Der erste Achttausender, die
Annapurna (8078 m) wurde 1950 von zwei Franzosen bestiegen. Drei Jahre später
erreichten der Neuseeländer Hillary und der Sherpa Tensing Norkay den
Gipfel des Everest (8848 m), der inzwichen auch von einer Schweizer Gruppe
(1956) und zwei amerikanischen Gruppen (beide 1963) erstiegen und überquert
wurde.
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Die Sherpas |
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Diese Erfolge wären ohne die Hilfe der Sherpas
nicht möglich gewesen. Die Sherpas sind ein kleines, rassisch den
Tibetern nahestehendes Volk, das sich vor etwa 200 Jahren am Fuß des
Everest angesiedelt hat und dort Ackerbau und Viehzucht treibt. Die
unternehmungslustigen, durch den kärglichen Ackerbau aber nicht
ausgelasteten Männer ziehen jedes Jahr auf große Handelsreisen,
sie kennen die Welt und sind in Darjeeling ebenso zu Hause wie in ihren
Bergen. Ihre Hochalmen gehen bis dicht an 6000 m hinauf, sie haben dort
nicht nur die körperlichen Varausetzungen für das Bergsteigen
unter extremen Bedingungen erworben, sondern auch die Seelischen; die Tiger
des Himalaja sind Bergsteiger aus Passion. Nach dem Erfolg Tensing Norkays
am Everest, der in Indien wie ein nationaler Triumph gefeiert wurde (Obwohl
Sherpas genau genommen keine Inder sind) , wurde in Darjeeling eine
Bergsteigerschule gegründet, an der Tensing mitwirkt. Seitdem rechnen
die Inder sich unter die bergsteigenden Nationen und haben mit der
Zweitbesterigung des Cho Oyu 1958 ihren ersten großen Erfolg gehabt.
Von der scheuen Ehrfurcht vor den Göttern, in deren Welt man sich
eingebettet weiß, bis zur barten Herausstellung der Persönlichkeit,
die aus eigener Macht die Welt ergreift, ist Indien einen weiten Weg
gegangen.
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Vorketten |
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Ehe man von Indien aus zur Hauptkette des Himalaja
gelangt, muß man eine Vielzahl von Vorketten überqueren, die , je
weiter man in die Bergwelt eindringt, desto mehr an Höhe und
Ausgesetztheit gewinnen. Das Gebiet nördlich der Hauptkette wird von
hochgelegenen Quertälern eingenommen, sein Charakter leitet nach Tibet über,
seine Bewohner nennen sich Bhotiya, was in ihrer Sprache gleichbedeutend mit
Tibetern ist.
Die Vorketten des Himalaja sind verhältnismäßig dicht
besiedelt und keineswegs verkehrsfeindlich. Ein Vergleich mit den Alpen würde
allerdings leicht irreführen. Die kräftige Erosion hat sehr
steile, tief eingekerbte Täler geschaffen, keine von Gletschern
ausgeschliffenen U-Täler. Es gibt daher kaum eine landwirtschaftlich
nutzbare Talsohle. Andererseits sind die klimatischen Verhältnisse günstiger.
Die ersten Ketten, die 2000 bis 3000 m erreichen, haben höchstens für
einige Tage Schnee, in den in 15 0 0 m Höhe gelegenen Talebenen von
Kaschmir und Nepal ist Schnee praktisch unbekannt. Die Landwirtschaft ist mühselig
, die Terrasenfelder, die an den steilen Hängen angelegt werden, bedürfen
der jährlichen Pflege, ihre Nurzfläche ist klein, ihre Bewässerung
mühsam zu regulieren. Die Ernte kann nur in Kiepen eingebracht werden.
Angebaut werden Reis, Gerste, Kartoffeln, verschiedene Gemüse. Im
Vorland und an der ersten Kette gedeiht auch Tee, bekannt sind die Qualitäten
von Darjeeling und Assam. Viehzucht spielt keine große Rolle, nur in
den Höhenlagen bei den Bhotiyas, die Yaks züchten. Eine internsive
Almwirtschaft ist nie entwickelt worden, bei den seit etwa zehn Jahren in
Nepal laufenden Bemühungen einer Schweizer Expertengruppe zeichnet sich
langsam ein erster lokaler Erfolg ab. Von geregelter Forstwirtschaft kann
man kaum sprchen, doch spielt der Holzeinschlag eine wichtige Rolle. Die Wälder
ziehen sich , je nach Lage mindestens bis 3000 m, oft auch bis 4000 m Höhe
hinauf, zusammenhängende Nadelwälder beginnen erst ab 2500 m. Ein
charakteristischer Baum der Wälder zwischen 1500 und 2500 m ist der
Rhododendron, der Höhen von 6-10 m erreicht. Im Frühjahr, wenn
unter den rotblühenden Bäumen noch Schnee liegt, bieten die
Rhododendronwälder ein zauberhaftes Bild.
Die kurze Darstellung der Geologie hat bereits gezeigt, daß im
Himalaja keine nennenswerten Bodenschätze zu erwarten sind. Dies trifft
auch zu. Auch Erdölvorkommen, die man im Himalajavorland erwarten könnte,
haben sich kaum gefunden, abgesehen von unbedeutenden Feldern in Assam und
am Indus. Was der Himalaja dagegen zu bieten hat, ist die weiße Kohle,
die Energie seiner Flüsse, von der noch kaum etwas nutzber gemacht
wird.
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Fluss-systeme |
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Die Flußsysteme des Himalaja zeigen einige
bemerkenswarte Züge, die man nur aus der geologischen Geschichte des
Gebirges verstehen kann. Die Kernzone der Faltung hat sich immer mehr nach Süden
verlagert, die Kette, die heute die höchsten Erhebungen trägt, ist
weit jünger als die nördlich von ihr gelegene Wasserscheide, an
der die großen, nach Süden entwässernden Flüsse
entspringen. Während der langsamen Hebung der heutigen Hauptkette haben
sie alle Zeit gehabt, ihr Bett immer tiefer einzugraben, so daß sie
nun in tiefen, oft unzugänglichen Schluchten durch die jüngeren
Ketten brechen und sie in einzelne Blöcke aufteilen. Dabei ergeben sich
gewaltige Niveauunterschiede, so etwa 7000 m zwischen dem Industal und dem
Nanga Parbat und fast 5000 m im Tal der Arun zwischen Everest und
Kanchenjunga. Auch der Indus und ebenso der Brahmaputra, in seinem Oberlauf
auf tibetischen Boden Tsangpo genannt, brechen, nachdem sie in einem großen,
dem Himalajasystem im Norden vorgelagerten Längstal nach Westen bzw.
Osten geflossen sind und dort die nach Norden fließenden Bergwässer
des Himalaja aufgenommen haben, in gewaltigen Durchbruchsschluchten nach Süden
durch. So gelangt alles Wasser des Himalaja nach Indien. Sieht man die Flußsysteme
auf der Karte, so bilden sie eine mächtige Klammer, die den Himalaja an
Indien fesselt, Genauso empfinden as auch die Inder.
Die bedeutendsten Flüsse, die im Himalaja entspringen, sind von West
nach Ost Indus, Jhelum, Chenab, Ravi und Sutlej, Jumna und Ganges, Gogra,
Gantak und Tista, und als östlicher Abschluß der Brahmaputra.
Die ersten fünf dieser Liste gehören zum Indussystem, ihr Wasser
fließt in die arabische Bucht, das aller anderen Himalajaflüsse
in den Golf von Bengalen. Die Wasserscheide zwischen den beiden
Stromsystemen liegt auf einer kaum merklichen, nur 200 m hohen Schwelle bei
Delhi. In ihren Mittelläufen bilden die Flüsse von Indus bis
Sutlej das Fünfstromland (indisch Punjab von Punch = fünf und ab =
Wasser). Der Indus entspringt am Nordhang des Kailash, der Sutlej nahebei,
er entwässert den Mansarowarsee, beide brechen durch alle Ketten des
Himalaja. Die Landschaft am Oberlauf des Indus, wo er aus Tibet kommend in
die Himalajaketten eintritt, wird Ladakh genannt, auch Klein- Tibet, was
ihrem Charakter entspricht. Ihre Hauptstadt Leh, 3500 m hoch, im wüstenhaften,
winddurchbrauchsten Tal (jährlicher Niederschlag unter 100 mm), ehemals
ein bedeutender Umschlagplatz der Karawanen, ist heute Militärbasis,
von der aus die Grenze gegen das jetzt chinesische Tibet bewacht und
verteidigt wird.
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Trekking |
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Die Moguln liebten Kaschmir; später entdeckten die
Briten die vielfältige Schönheit des Gebirges und die Kontraste
zwischen üppigem Tiefland und atemberaubenden Bergpässen.
Heute ist Trekking die beste Möglichkeit, die weitgehend unverdorbene
Natur kennenzulernen: nur gelegentlich stößt man auf ein
buddhistisches Kloster, einen Hindu-Tempel oder eine ehemalige britische
Garnison.
Entdecken Sie Himalaja
(130 millionen Jahre alt) !