Rajasthan ist das Land mit den prächtigsten
Kostümen Indiens. Überall auf der Welt, wo sich farblos-sandige Wüste
ausbreitet, haben Menschen aller Kulturen das Fehlen natürlichen Farben
mit der Pracht ihrer Kleider ausgeglichen.
Die brennende Sonne wirft ihre Strahlen erbarmungslos auf dieses trockene,
ausgedörrte, sandbraune Wüstenland und hält es davon ab, in
all seiner Farbenpracht aufzublühen.
Jede Sippe und jeder Stamm dieser Region hat einen speziellen Turban. Auch
heute noch kann man an der Farbe und an der Art, wie der Turban gewickelt
wird, ablesen, zu welcher Sippe und zu welchem Stamm sein Träger gehört.
Bei den Frauen erkennt man dies an der Farbe ihrer Kleider und an der ihres
Schmuckes. Jede Jahreszeit hat ihre eigene Kleiderfarbe, die Farben des Frühlings
(Phalgun) werden im Hochsommer niemals zu finden sein.Die Frauen
verschiedener aristokratischer und wohlhabender Volksgruppen von Rajasthan
tragen den eleganten Schleier (Odhani) wie Rajputen, Brahmanen und der
Bania. Figürliche Motive und Ausmaße des Schleiers zeigen, daß
er zur hinduistischen Tradition gehört. Es ist Brauch unter den
Hindu-Frauen von Rajasthan, einen solchen Schleiler über einem sehr
weiten, langgezogenen Rock (Ghaghra) und einer kurzen, zweiteiligen Bluse,
als Kanchali und Kurti bekannt, die aus dem gleichen Material hergestellt
sind, zu tragen. An der Taille wird der Rock in unzählige Falten gelegt
und ein einem wunderschön gestalteten Bund zusammengefaßt.
Im
Vergleich zur islamischen Tradition sind die Schleier der hinduistischen
Handwerkstraditon von größeren Ausmaßen. Er bedeckt nicht
nur Kopf und Schulter, sondern auch die Hälfte des Rockes. Es scheint,
daß der Sari, der heutzutage von den meisten Frauen Indiens getragen
wird, eine späte Abwandlung dieser Tracht ist, da er den Rock bzw.
Unterrock rundherum bedeckt und mit seinen fünf Metern Länge in
einem Stück um den Oberkörper gewunden wird. Der Schleier ist mit
einer breiten Goldbordüre verziert. Da das Edelmetall Gold seinen Glanz
nie verliert, gilt es unter den Hindus als glückverheißend,
Frauen tragen deshalb gerne zu feierlichen Anlässen, wie etwa einer
Hochzeit, ein Gewand mit Goldbrokat oder Goldstickerei.
Dieser Schleier ist auch Teil eines Brautkleides, dem deshalb glitzernde
Flitterplättchen aus Silberdraht eingesetzt wurden. Die zahlreichen
Silberkreuzchen machen das gesamte Tuch recht schwer, wodurch sich der
Schleier wunderbar um Gesicht und Kopf drapieren läßt. Die
hinduistische Abwandlung dieses Schleiers wird auch Chunadi genannt. Ein
Chunadi ist Symbol dafür, daß der Ehemann der Frau noch lebt.
Die
Wüstenfrauen stellen auch wundervolle Steppdecken aus Stoffresten,
alten Kleidungsstücken und Tüchern, her. Nie wird auch nur das
kleinste Stückchen Stoff weggeworfen; jedes Restchen findet irgendwo
Verwendung. Die Steppdecken werden auch heute noch zum Zudecken der tagsüber
gestapelten Matratzen und Nachtdecken gebraucht. In den kleinen Räumen
der Hütten werden die Matratzen, auf denen alle Mitglieder der Großfamilie
schlafen, morgens auf einem hölzernen Stand aufgestapelt. Um den häßlichen
Anblick im Wohnraum zu verdecken, stellen Frauen diese wunderschönen
Behänge her, die oft noch mit Stickereien verziert werden.
Dieses Stück ist mit Applikationen und Steppstichen gestaltet. Mehrere
übereinandergelegte Lagen der Stoffreste geben der Decke die nötige
Dicke. Die oberste Lage ist mit einem zentralen Innenfeld aus gleichgroßen
Quadraten und einem Rahmen aus gezackten Reihen verziert. Da alte und
gebrauchte Stoffstücke für die Applikationsarbeit verwendet
werden, hat sie insgesamt eine gedämpfte Farbgebung. Mit Handdruck und
Abbindearbeit verzierte Stoffreste wurden für die Applikationen
benutzt. Wollen Quasten beleben die Oberfläche.
Entdecken Sie Land der Farben !