Nach
der Padma (Lotos) Purana (heilige Erzählung) entdeckte der Schöpfergott
Brahma eines Tages betroffen, daß er, im Gegensatz zu allen anderen Göttern,
keinen Wohnsitz (Dham) auf Erden hatte. Shiva schlug ihm vor, daß er
den Fleck erwählen solle, auf den die Blätter seiner Lotosblüte
fielen. Und so geschah es, als Brahma auf "Hans" dem Schwan,
seinem Reittier, durch die Lüfte flog, daß drei Blätter
hinunter auf die Erde segelten.
Dort wo sie hinfielen, entstanden drei von unterirdischen Quellen
gespeiste Seen inmitten einer weiten Sandwüste. Brahma stieg sodann zur
Erde hinab, um an diesem Ort in Meditation zu versinken (Tapasya). Das
dauerte zehntausend Brahma Jahre. Als Brahma danach zu seinem himmlischen
Wohnsitz (Brahmalok) zurückkehren wollte, verlangten die Götter,
das er eine "Yagna", ein heiliges Ritual, auf Erden, zelebrieren
solle, und als Zeitpunkt wurden die letzten fünf Tage im Monat vor dem
Vollmond im Monat Kartik bestimmt. Brahma erklärte sich damit
einverstanden und beauftragte "Vishvakarma", den himmlischen
Baumeister, mit der Errichtung des "Yagna Mandap", der Opferstätte.
Als diese fertig war, strömten alle dreihundertdreißig Millionen
Götter und Heilige nach Pushkar. Da bei einer Yagna aber die
Anwesenheit der Gemahlin unbedingt erforderlich ist, sandte man Narada ins
Brahmalok, um Brahmas Frau Savitri (Saraswati) zu holen. Savitri war
einvestanden; Narada ordnete jedoch an, daß sie in einer großen
Zeremonie mit Lakshmi, Durga, Ganga und allen anderen Frauen der Götter
erscheinen solle.
Bei ihrer Rückkehr überbachte Narada die falsche Nachricht, daß
Savitri zu beschäftigt sei, um zu kommen. Brahma, aufgebracht und in
Sorge, daß der glücksverheißende Moment verstreiche, befahl
Götterkönig Indra, er solle ihm eine Frau bringen, wo immer sie
auch herkäme. In der Eile fand Indra in den Bergen um Pushkar ein
junges hübsches Hirtenmädchen (Gopakanya). Um das Mädchen dem
Bahmanenstand würdig zu machen, unterzog sie Gott Vishnu einem
Reinigungsritus. Er ließ sie "durch den Leib einer Kuh
hindurchgehen", denn Kühe sind seit Urzeiten der Brahmanenklasse
heilige Tiere, und Gayatri, das "Mädchen aus der Kuh", wurde
zur Mutter der Brahmengeschlechter. So wurde sie Brahma übergeben, der
sprach : "Oh Ihr Götter und Heiligen, wenn es Euer Wille ist, will
ich Gayatri zur Frau nehmen und sie soll die Mutter der Veden und die Quelle
aller Reinheit auf Erden werden." So nahm Gayatri den Platz der Ehefrau
bei den Riten ein.
Doch die Zeremonie hatte kaum begonnen, als Savitri mit ihrem ganzen
Gefolge eschien. Ein Schatten fiel über die Versammlung, und Brahma
senkte in tiefer Beschämung den Kopf. Savitri aber in ihrem Zorn
verfluchte Brahman. "nie soll Brahma in einem Tempel oder an einem
heiligen Ort verehrt werden, mit Ausnahme eines Tages im Jahr
".
Ebenso verfluchte sie Indra, Vishnu und Shiva, die Brahma zu dieser Heirat
angestiftet hatten. Vergebens versuchten sie, ihren Zorn zu besänftigen,
Savitri machte sich traurig und bekümmert auf den Weg zum nahen
Ratnagir-Hügel, wo sie sich in Gebet und Meditation zurückzog.
Heute steht dort über den Dünen und dem heiligen See ein ihr
geweihter Tempel.
Es kam aber schließlich zur Versöhnung zwischen ihr und Gayatri
und beide behielten ihren Status als Frau Brahmas. Savitri gilt als
himmlische, Gayatri als irdische Gefährtin; und auf einem anderen Hügel
findet man einen der Gayatri geweihten Tempel.
Doch blieb Savitris Fluch bestehen, der Brahmatempel in Pushkar ist der
einzige in Indien geblieben. Die Gläubigen, die an Kartik Purnima
(Vollmond) hierher kommen, suchen, gleich Brahma, Erlösung von ihren Sünden
in den von ihm geheiligten Wassern.
Weiter erzählt die Legende, daß viele Sterbliche daraufhin
diesen einfachen Weg zur Erlösung den anstrengenden Gebeten und
Meditationen vorzogen, daß der Götterhimmel schließlich zu
voll wurde. Die anderen Götter ersuchten Brahma, an dieser Lage etwas
zu ändern. Da Brahma jedoch seinen Segen nicht gänzlich zurücknehmen
konnte, erklärte er : Nur denjenigen, die in den letzten fünf
Tagen vor Kartik Purnima im heiligen See untertauchen, werden Erlösung
zuteil. In diesen Tagen werden alle Götter in Pushkar weilen und den Gläubigen
ihren Segen verleihen. Den Rest des Jahres zieht sich die göttliche
Kraft in den Äther zurück. Deshalb strömen sie in Scharen zum
See, um sich von ihren Sünden reinzuwaschen. Pushkar gilt als der
heiligste See Indiens. Seit ewigen Zeiten versammeln sich jährlich
Tausende von frommen Gläubigen während des Hindu Monats Kartik am
sonst ruhigen See, um ihre Körper im Wasser zu baden. Heilige Männer
(Sadhus) kommen von den Himalayabergen herab, und andere Fromme beten zum
Klang von Versen aus den heiligen Schriften, die zur Reinwaschung ihrer Sünden
rezitiert werden.
Pushkar hat sich aufgrund seiner wohltuenden Ruhe und Beschaulichkeit zum
beliebten Treffpunkt westlicher Touristen entwickelt.