 |
Leichenverbrennung |
 |
Die große Mehrheit aller Inder wird nicht beerdigt. Hindus werden
verbrannt, die Asche wird in heilige Flüsse gestreut. Eine Gedenkstätte
(wie die Chattris genannten Gedächtnisbauten in Rajasthan) kann an den
Toten erinnern, muss aber nicht. Der Glaube an die Wiedergeburt verlangt
nach einer Vernichtung der körperlichen Hülle, um die Seele für
das nächste Leben zu befreien. Brahmanenpriester, Kinder und Schwangere
werden nicht eingeäschert, sondern ohne Zeremonie erdbestattet oder
einem heiligen Fluss übergeben, denn ihrer Wiedergeburt steht der Körper
nicht im Weg.
Bei den Hindus führt der älteste Sohn die Prozession der
Trauernden an. Die Verstorbenen werden verbrannt. So kann sich die Seele von
der sterblichen Hülle befreien und in den Kreislauf der Wiedergeburten
eintreten. Am vierten Tag nach der Verbrennung wird die Asche eingesammelt
und in einen heiligen Fluss gestreut. Sind die Angehörigen zu arm und können
sich kein Brennholz leisten, wird der Leichnam dem Wasser übergeben.
Bereits 1829 wurde die Verbrennung der Witwen bei lebendigem Leib
gesetzlich verboten. Dennoch sorgt der Freitod auf dem Scheiterhaufen des
verstorbenen Ehemannes ab und zu für Aufregung. Es galt nicht nur als
Ehre, gemeinsam in Flammen aufzugehen, auch der Glaube an die gemeinsame
Wiedergeburt bewegte die Frauen dazu; sicherlich war es auch der gering
geachtete Stand als Witwe, der zum Auslöser wurde und noch wird.
Heldenhaft stürzte sich der weibliche Hofstaat belagerter Fürstenhäuser
Rajasthans in das lodernde Feuer; ehe die Burg von Feinden eingenommen
wurde, wählten die Frauen zu Hunderten den Freitod.
Auch Sikhs, Jains und Parsen kennen keine Erdbestattung, nur Christen und
Muslime betten ihre Verstorbenen in Gräbern auf Friedhöfen zur
letzten Ruhe. Während Sikhs und Jains wie die Hindus den Leichnam auf
dem Scheiterhaufen oder im Krematorium verbrennen, -verunreinigen- die
Parsen das von ihnen verehrte Feuer nicht mit Toten, sondern setzen sie auf
eigens dafür gebauten Türmen den Raubvögeln zum Fraß
aus.