Udaipur : Stadt des Sonnenaufgangs
Aus der
Geschichte
In Rajasthan kann fast jede Stadt ihre eigene Geschichte
erzählen, alle haben ihren eigenen Reiz. Aber Udaipur hat von allen
Städten Rajasthans das meiste romantische Flair.
Mit Stolz
blickt Udaipur auf seine Geschichte als Hauptstadt des Staates Mewar
zurück, des einzigen von sieben Rajputen-Staaten, der seine hinduistische
Bindung angesichts der moslemischen Invasionen und politischen Kompromisse
aufrechterhielt. Der gegenwärtige Herrscher ist der 76. Einer
ununterbrochenen Abfolge von Mewar-Fürsten, was das Haus Mewar zu
Rajasthans beständigster Herrschaftsmacht und zur vielleicht ältesten
bestehenden Dynastie der Welt macht.
Udaipurs Geschichte reicht weit
vor die Stadtgründung im 16 Jh. zurück, denn seine Sisodia Maharanas
behaupten, ihr Urahn sei Guhil, der im Jahre 568 Mewar gründete.
Als Maharana Udai Singh II. 1537 die Thronfolge der Sisodia-Rajputen antrat,
zeichnete sich bereits das Ende der mächtigen Festung Chittor als
Hauptstadt ab, denn sie konnte die Angriffe moslemischer Invasoren aus Gujarat
und dem Nordwesten nicht hinlänglich abwehren.
Maharana Udai
Singh war der Anführer des ältesten rajputischen Geschlechts, der
Sisodias von Mewar, die ihre Abstammung auf die Sonne zurückführten.
Der sich daraus ableitende besondere Stolz und Unabhängigkeitswille der
Mewaris hatte sich schon in ihrer selbst in der Niederlage unbeugsamen Haltung
in Chittorgarh bewiesen und war auch mit dem Verlust ihrer ehemaligen
Hauptstadt nicht erloschen.
Nichts war den Mewaris wichtiger als die
Reinhaltung Stammbaums, und so durften die Töchter nur innerhalb des
eigenen Clans verheiratet werden. So mußte es zwangsläufig zum
Konflikt kommen, als sich Maharana Pratap, der Sohn und Nachfolger Udai Singhs,
entschieden weigerte, eine seiner Töchter mit der Familie Akbars zu
verheiraten. Mughal-Kaiser Akbars Wunsch, durch diese politischen
Heiraten" die feindlichen Rajputenstaaten an sich zu binden, waren zuvor alle
wichtigen Rajputenfamilien in Anbetracht der Machtverhältnisse widerwillig
nachgekommen. Maharana Udai Singh suchte die Umgebung nach einer geeigneten
Stätte für eine neue Hauptstadt ab und entschied sich für das
Gebiet am Pichola-See, das zu allen Seiten von Ausläufern des
Aravalli-Gebirges geschützt war. Nachdem 1559 die Grundsteinlegung erfolgt
war, floh Udai Singh acht Jahre später, als die Moguln Chittor einnahmen,
in seine neue Stadt Udaipur. Nach seinem Tod im Jahre 1572 trat sein Sohn
Pratap die Erbfolge an. Er wurde zum legendären Helden, da seine
Weigerung, den Moguln Akbar als Kaiser anzuerkennen, zur Schlacht von
Haldighati (1576) führte, in der Akbars Streitkräfte
zurückgeschlagen wurden, so dass Frieden in Udaipur einkehrte.
Prataps Sohn Maharana Amar Singh erkannte 1614 schließlich die
Vorherrschaft der Moguln an, und das Mewar-Reich hatte von nun an eine relativ
beständige Periode des Friedens, während der Kunst und Kultur eine
Blüte erlebten. Es wurden neue Paläste gebaut, der alte Palast
erweitert und der Jagdish-Tempel errichtet. Auch die Miniaturmalerei erreichte
einen Höhepunkt. 1736 wurde Mewar von Maratha angegriffen, und bis zum
Anfang des 19. Jh. stürzten wiederholte feindliche Raubzüge die Stadt
in Armut und Ruin.
Die Briten, deren Ostindienkompanie bis dahin nur
eine reine wirtschaftliche Rolle gespielt hatte, nutzten die Gelegenheit, um
die Splitter zusammenzufügen und den Maharana im Jahre 1818 in einen
Vertrag der gegenseitigen Allianz und Freundschaft" einzubinden. Dieser
Vertrag und die Unterstützung der Briten garantierten den Schutz vor
Eindringlingen und die Rückgewinnung aller angestammten Territorien, und
so konnte sich Udaipur alsbald erholen.
Als die Briten 1947 aus
Indien abzogen, stellte sich der Maharana von Udaipur an die Spitze der
Bewegung der Fürstenstaaten, die dafür eintraten, sich dem neuen
demokratischen und unabhängigen Indien anzuschließen und
gehörte später zu den Führern einer Kampagne, die Indira Gandhis
Kongress-Regierung dazu bewog, die Sanierung von Rajputanas historischen
Bauwerken zu finanzieren.
Lage und
Bedeutung
Udaipur war, wie die anderen Städte Rajasthans auch,
von wehrhaften, mit Bastionen besetzten Mauern umschlossen, durch die elf
Portale Einlaß gewährten. Nur ein Teil der Befestigung und fünf
Tore haben die Zeiten überdauert, noch immer aber sind Alt- und Neustadt
deutlich voneinander getrennt.
Im Westen ist sie durch den See
geschützt, im Norden und Osten durch einen vom See gespeisten
Wassergraben, im Süden durch den steilen, dschungelbedeckten und
befestigten Sajjangarh.
Dies als Venedig des Ostens oder Stadt der
Seen gepriesene Stadt ist mit ihren beeindruckenden Palästen, exotischen
Gärten und spiegelglatten Seen eine der schönsten Städte
Indiens.
Vor allem dem harmonischen Zusammenspiel von Altstadt,
Palast, See und Bergkulisse verdankt die Stadt ihre elegante Schönheit.
Die Stadt wechselt ihr Gesicht wie keine andere mit dem sich verändernden
Lichteinfall, und zu jeder Tages- und Nachtzeit ist der Blick von den
Dächern der Altstadt atemberaubend schön. Morgens erstrahlt die Stadt
im leuchtenden Weiß ihrer Häuser, der Sonnenuntergang hinter den
sanften Hügeln des Aravalli-Gebirges taucht den See und die Stadt in ein
majestätisches Violett, und nachts scheint das Lake Palace Hotel inmitten
des im Mondlicht schimmernden Pichola Sees zu schweben.
So ist Udaipur
inzwischen neben Jaipur und Jaisalmer die am meisten besuchte Stadt Rajasthans,
wobei aufgrund der entspannten Atmosphäre, der sehr interessanten
Ausflugsziele in der Umgebung und der in jeder Kategorie qualitativ
außergewöhnlich guten Unterkunftsmöglichkeiten die meisten
Touristen weit länger bleiben als ursprünglich geplant.