Die Ruine Tempelanlage Von Nagda
Nagada,
die alte Hauptstadt des Landes Mewar, ruht seit sieben Jahrhunderten einsam
wie in einem Dornröschenschlaf. Herrliche Tempel, eingebettet zwischen
ehrwürdigen Banyan- und Mangohainen, waldigen Hügeln und
idyllischen Seerosen-und Lotosteichen zeichnen den Ort zur stimmungsvollsten
Ruinenstätte ganz Rajasthans aus.
Die morgendliche Stille wird nur vom Gekreische und Klappern von Ibissen,
Reihern und Störchen unterbrochen; ab und zu flattern Schwärme grüner
Halsbandsittiche auf und lassen sich in weitausladenden, rauschenden
Baumwipfeln nieder. Silbergraue Kraniche, hoheitsvoll ihre schimmernden
Goldkronen wiegend, stolzieren gerne durch die sumpfigen Wiesen.
Ein Hauch von Melancholie schwebt über den gelblich verwitterten
Tempelruinen des 10. Jahrhunderts mit ihren filigranartigen Reliefs. Alle Außenwände
üderspannen feinste ziseliert wirkende Friese graziler Tanzfigürchen
und eleganter Musikanten, umrankt von Lotosblüten und Blattwerk.
Eingebettet zwischen Fabelwesen, Tieren, Glücks- und
Fruchtbarkeitszeichen bilden sie den zauberhaften Rahmen für das
Paradies des Himmelskönigs Wishnu.
Liebespärchen locken mit raffinierter Erotik nach dem Kamasutra
(Leitfaden zur Liebeskunst ). Nach dem Glauben der Hindus führt nicht
die Verneinung, sondern die Auskostung aller Wonnen letztlich zur
Vergeitigung. In schroffem Gegensatz dazu steht in Kunst und Kult der Inder
oftmals strengste Askese oder innige Hingabe an die Gnade eines Erlösergottes.
Alle unterschiedlichen Pfade sollen zu ein und demselben Ziel führen,
zur Erlösung (Moksha) aus der Kette der Wiedergeburten und Vereinigung
mit dem absoluten Weltgeist.
Die beide Tempel verfügen über einen Portikus mit einem
pyramidenförmigen Überbau, der Zutritt zu einer offenen
Pfeilehalle (mandapa) mit seitlichen Vorsprüngen gewährt.
Die Mandapas dienen verschiedenen Kulthandlungen, wie Niederlegung von
Opfergaben, Gebet, Tanz oder als Versammlungsraum bei der Unterweisung durch
einen Guru (Lehrer). Die Mandapa führt zur Türe der Schoßkammer,
dem Allerheiligsten, mit dem figürlichen oder symbolischen Bild der
Hauptgottheiten des Tempels. Zu den wichtigsten Ritualen gehört die
Umwandlung des Kultbildes im Uhrzeigersinn, dem Sonnenlauf folgend.
Die Portiken verdienen besondere Beachtung, da sie mit Friesen,
Figurengruppen, floralen Motiven und Miniaturreproduction von Gebäuden
geschmückt sind. Durch die filigranen Schnitzereien wirken die beiden
Tempel wie Schmuckkästchen.
Das prachtvolle Tor (Toran) zeigt Reliefs von Himmelsmädchen
(Surasundaris) und Glockenschnurmotive. Die Glocke ist auch ein wichtiges
Ritualgerät, das zu Beginn der Andachten angeschlagen wird. Die
Glockenform ist von der Lotosknospe abgeleitet und versinnbildlicht das
weibliche Prinzip, den Mutterschoß der Natur, aus dem sich das Leben
entfaltet.
Nagda liegt 22 km von Udaipur entfernt und lohnt einen Besuch.
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