Die Jahrmärkte und Volksfeste
lassen die Farben Rajasthans erst richtig aufleben. Alljährlich im
Herbstvollmond (Kartik Purnima) werden Pushkar und die Seeufer bis zu den
angrenzenden Bergen zur Kulisse von Rajasthans größtem und
farbenprächtigstem Fest, der Pushkar-Mela. "Mela" bedeutet
ein Zusammentreffen aller Kreaturen Gottes. Und so strömen die Menschen
herbei, mit Kamelen, Pferden und Kühen.
In der besten Jahreszeit, nach der Sommerhitze, wenn die Ernte verkauft und
die Wintersaat schon ausgebracht ist, beginnt in den Wüstendörfern
die Zeit der Muße. Dann möchten die Wüstenbewohner feiern
und den Erlös ihres Fleißes in Vieh, Hausrat, Kleidern und
Schmuck anlegen und nicht zuletzt ihr Scherflein im Tempel spenden.
Das Pushkar-Mela wird oft ausgeweitet zum jährlichen Großereignis,
das willkommene Abwechslung in die Eintönigkeit des Alltags bringt.
Bauern, Pilger, Heilige Männer, Händler, Schausteller, Musikanten,
Zigeunersippen, Schaulustige und Bettler sind oft tagelang unterwegs nach
Pushkar.
Auf Planwagen, Kamel - und Büffelkarren, Bauchläden oder auf dem
Rücken haben sie alle ihre Habseligkeiten, Waren, Bühnendekorationen
und Buden verstaut.
Für fünf Tage verwandelt sich die heilige Stadt in ein riesiges
Lager und einen Jahrmarkt. Die Gesichter strahlen voller Erwartung. Auf dem
Festplatz werden von Hand betriebene Karussells und Riesenräder
aufestellt, Lautsprecher montiert, Strände und Zuckerrohrpressen,
manchmal sogar ein Freiluftkino aufgebaut.
30000 Stück Vieh, Büffel, Pferde und vor allem Dromedare werden
bis zu 500 km weit hierhergebracht. Soweit das Auge reicht, sieht man während
der Mela auf den umgebenden Sanddünen die Kamele, die Lasttiere der Wüste.
Es wird ausdauernd gefeilscht, wenn Tausende Stück Vieh den Besitzer
wechseln, manche Tiere sind geschmückt und einige haben interessante
Muster ins Fell geschoren. Schmuck und Verzierungen für Kamele werden
in eigenen Büdchen verkauft.
Diese
religiöse Fest bietet immer wieder Neues, Fremdartiges und
Faszinierendes : Eine wahre Augenweide ist die unüberschaubar vielfältige
Bevölkerung, stolze Wüstenbewohner und Frauen von naturlichem
Liebreiz, fröhliche und staunende Kinder, ehrwürdige Heilige,
ausgemergelte Asketen und aschebeschmierte Yogis, listige Marktschreier und
Schausteller, groteske Gaukler und Zauberer und heißblütige
Zigeuner. Prachtvoll mischen sich farbige Männerturbane und grell-bunte
Frauentrachten aus flitterdurchwirkten Schleiern, spiegelbesetzten
Miederleibchen und weitschwingenden Röcken. Stolz zeigen Frauen ihren
reichen Silberschmuck an Arm-und Fußgelenken, Fingern und Zehen, in
Ohren und Nase, auf Brust und Stirn. Jugendliche formieren sich wie wilkürlich
zu Gruppen. Begleitet von klatschenden Publikum, wirbeln sie mehr und mehr
Staub auf. Der aus Garküchen dringende Geruch zieht über den
Rummelplatz.
Kinder quetschen sich in die schmalen Holzsitze des Karussells, der
Betreiber klammert sich daran und bringt nach mehrmaligem Hüpfen im
Schweiße seines Angesichts das Rad zum Rollen.
Männer
interessieren sich für eiserne Pflugscharen und andere Ackerbaugeräte,
handeln mit Zug-oder Michtieren. Danach schlürfen sie in der verräucherten
Teestube süßen Milchtee oder tauschen bei einer Wasserpfeife
(Hukha) neu gewonnene Erfahrungen aus. Freunde und Verwandte aus weit
entegenen Dörfern treffen einander, Neuigkeiten machen die Runde. Man
schmiedet auch Heiratspläne.Magnetische Anziehungskraft haben Stände
mit Glasketten in allen Farben, glitzernden Armreifen, Schmuck aus Silber
oder Blech. Stoffe in reicher Auswahl, natürlich zu reduzierten
Preisen, hängen in der Bundenstraße. Viel zu tun haben die Tätowierer;
Schönheitsflecken auf Kinn und Wangen sind begehrt. Unterarme und
Fesseln werden mit traditionellen Mustern dauerhalf verziert.
Den Höhepunkt der Pushkar-Mela und Spiegelbild rajasthanischer
Volksfreude bilden die Wettrennen und Wettspiele für Kamele. Bei
kostonlosen Eintritt füllen sich schon ab dem frühen Morgen die
betonierten Tribünen des großen Stadions und ab der
Nachmittagszeit auch die Äste der umstehenden Bäume. Kamele rennen
über den Sand um die Wette. Der Schönheitswettbewerb der Kamele
ist wohl das heiterste Erlebnis. Die Kamele treten wunderbar geschmückt
der Reihe nach vor und werden begutachtet. Sie stolzieren an der Menge
vorbei und genießen jeden Augenblick der Aufmerksamkeit, die ihnen
geschenkt wird. Der Tauziehwettberb zweier Rajasthani-Gruppen gegen
Mannschaften der Touristen gehört auch schon zur Tradition.
Der Pushkar-Mela bringt eine andere Welt in die Stelle des abgeschiedenen
Landlebens, bietet viele Möglichkeiten der Information und
Kommunikation und belebt den Handel im Rahmen ausgelassener Fröhlichkeit.
Das Fremdenverkehrsbüro Rajasthans veranstaltet außerdem ein
Kuturprogramm. Die Wüste glänzt im silbernen Mondschein. Auf einer
behelfsmäßigen Bühne eröffnen die Sänger das
Volkskunstprogramm und in wenigen Minuten ist die Luft von den zauberhaften
Klängen der für die Wüste typischen Musikinstrumente erfüllt.
Es werden nur bekannte Künstler für dieses Programm engagiert. Das
Herz der Wüste offenbart sich hier dem Besucher und verzaubert ihn mit
seiner gefühlvollen Musik und kraftvollen, ausdrucksvollen Tänzen
der Langas und Manganiyars wie Ghair, Dhap, Ghoomar und Terehtal. Die
exquisite und perfekte der Kalbelia-Tänzerinnen angekündigt wird,
verwandelt sich der Beifall in donnernden Applaus. Der ansteckende Rhythmus
dieses Tanzes, der von jungen, unglaublich geschmeidigen Mädchen aufgeführt
wird, reißt die Zuschauer von ihren Sitzen. In der letzten Nacht genießen
die Festteilnehmer dann diese unvergeßliche Fröhichkeit bis zum
Morgen.
Wenn die Sonne am Horizont aufgeht, werden allmählich die Zelte
abgebrochen und man tritt die Rückreise an. Langsam verschwinden
Menschen und Tiere, zurück bleiben die leeren Sanddünen und genügend
Gesprächstoff bis zum nächsten Jahr
..