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Odissi Temple Tanz |
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Als ursprünglicher Tempeltanz, dargeboten von Devadasis (Dienerinnen der Götter), welche die Statuen ankleideten, wuschen und bei Festen tanzten und sangen, war der Odissi einem Schicksal ausgesetzt, das er mit anderen Tanzstilen lndiens teilen mußte. Spätestens ab der Ganapati-Dynastie (1434-1568) war es üblich, daß Devadasis, auch Maharis genannt, vor Tempelgottheiten tanzten, insbesondere im Jagannath-Tempel in Puri. König Narasimha I. (1238-64) soll mehrere Hundert dieser Tempeltänzerinnen an dem von ihm errichteten Sonnen-Tempel von Konarak beschäftigt haben. Während der Herrschaft der Moslems und Briten gerieten die Maharis aber zunehmend in Verruf, da ihnen Tempelprostitution nachgesagt wurde. Erst vor vier Jahrzehnten wurde im nordöstlichen Bundesstaat Orissa diese bis ins 2. Jahrhundert v. Chr. zurückreichende klassische Tanzform wiederentdeckt.
Der Odissi ist meist ein Solotanz, der fast nur von Frauen dargeboten wird. Seine Tanztechnik beruht auf den klassischen Ausdrucksformen von Nritta und Nritya: Nritta ist ein reiner Tanz ohne Inhalt und Symbole, Nritya hingegen ist ein Tanz, bei dem oft devotionale Themen durch eine stilisierte Form von Körperbewegungen, Beinarbeit, Handgesten und Mimik ausgedruckt werden. Man tanzt überwiegend auf den Fersen, vor allem wenn die Tänzerin kraftvoll stampfend und in genau vorgeschriebenen geometrischen Mustern vor- oder rückwärts schreitet, so daß die Fußglocken laut erklingen. Es gibt ein großes, oft dem Natyashastra folgendes Repertoire an Drehungen, stehenden oder auch sitzenden Positionen, Sprüngen, Gangarten und Handgesten. Besonders charakteristisch ist die Tribhanga-Haltung, bei der Beine, Hüfte und Kopf wie zu einer S-Kurve geformt werden, sowie die Chauka-Grundposition, in der man die Füße nach außen dreht und die Beine ein wenig beugt. Daneben gibt es eine Reihe spektakulärer Bewegungsmuster wie zum Beispiel die Wagenrad-Position oder die Bienendrehung.
Die Tänzerinnen tragen traditionelle Kostüme: einen Seidensari im Webstil Orissas mit passender Blume, eine fächerförmige Schürze und einen Gürtel, der aus silbernen Plättchen zusammengesetzt ist und doppelt um die Hüfte gewickelt wird. Blumen kränzen das zu einem Knoten hochgesteckte Haar, das häufig auch ein Diadem schmückt. Armringe, Ketten und Fußglöckchen runden die durchweg graziöse Erscheinung der Tänzerin ab. Das Gesicht wird einfach geschminkt, nur die Augenpartie wird mit schwarzer Farbe betont, um den mimischen Teilen einen besonderen Ausdruck zu verleihen. In die Handflächen sind oft rote Farbmuster gemalt.