Religionen in Indien - Sikhismus
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Entstehung |
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Der Gründer dieser Bewegung war Nanak (1469-1539). Er wurde in einer höherkastigen
Hindufamilie geboren. Er lehnte den Ritualismus und den Bilderkult des
Hinduimus ab. Wie Muslime lehrte er die bildlose Verehrung des einen Gottes,
empfand aber die Regeln des Islam als zu starr und leblos. Nach geistigen
Erlebnissen zog Nanak als wandernder Wahrheietssucher durch das Land.
Begleitet von dem muslimischen Musiker Mardana sang und lehrte er die reine
Gottesliebe. Für Nanak waren alle Menschen gleichermaßen Geschöpfe
Gottes. Deshalb lehnte er auch die Kastenunterschiede ab. Er dachte nicht
daran, eine neue Religion zu begründen, sondern wollte alle Menschen
zur reinen Gottesverehrung zurückbringen. Dabei hielt er sowohl Hindus
als auch Muslimen einen Spiegel vor, um ihnen die Vergeblichkeit des starren
Befolgens von leeren Ritualen zu zeigen. "Bete zu Gott. Arbeite hart für
deinen Lebensunterhalt. Teile mit dem Andern." Diese drei Grundsätze
bestimmten sein Leben und das seiner Sikhs (Schüler). Sie gelten heute
noch. Von Nanak sind etliche Hymnen überliefert. Sie werden von den
Sikhs gesungen und gebetet. Als Nanak im Jahre 1539 starb, wurde von Sikhs
der Tod eines gurus (Lehrer) betrauert.
Guru Nanak gab seine aufgeklärte Führung seiner neuen Religion an
neun aufeinanderfolgende Gurus weiter.
Der vierte Guru Ramdas legte den Grundstein für den Goldenen Tempel in
Amritsar, das heutige religiöse Zentrum der Sikhs. Guru Ramdas wurde
vom Mogul-Herrscher Akbar geachtet, und die Sikhs genossen religiöse
Freiheit. Als in der Folgezeit mehrere Gurus von moslemischen Herrschern
gefoltert und getötet wurden, veränderte sich die Gemeinschaft in
einen militanten Orden, mit dem Ziel ihren Glauben auch mit Waffengewalt zu
verteidigen.
Der
letzte lebende Guru war Guru Gobind Singh ( 1675-1708). Er begründete
die Khalsa-Ordnung, (gemeint ist 'Der Pure'), Soldat-Heilige. Die Khalsa erhält
die höchsten Sikh-Tugenden, der Verpflichtung, Weihung und des
gesellschaftlichen Bewusstseins aufrecht. Bei Khalsa handelt es sich um Männer
und Frauen, welche die Sikh-Taufe-Zeremonie durchlebt haben und dem
Sikh-Code von Verhalten und Konventionen streng folgen. Ebenso tragen sie
die vorgeschriebenen physischen Artikel des Glaubens. Er erklärte
schließlich auch die Tradition der Gurus für beendet, und fortan
wurde das heilige Buch Adi Granth direkt als Guru verehrt. Deswegen wird es
seither auch Guru Granth Sahib benannt.
Während des achtzehnten Jahrhunderts wurden die Sikhs von den
damaligen Herrschern unterdrückt und verfolgt. Sie mussten Opfer
bringen, um ihren Glauben und ihre Identität zu wahren. Das Moghulreich
fiel auseinander. Die Afghanen unter der Herrschaft von Ahmed Shah Abdali
griffen Indien an. Die Sikhs haben diese Gelegenheit wahrgenommen, ihr
eigenes Reich zu gründen. Das gelang ihnen schließlich unter
Maharaja Ranjit Singh im Jahr 1780. Das Königreich der Sikhs bestand
ungefähr ein halbes Jahrhundert (1780 bis 1839) und wurde 1849 von den
Engländern annektiert.
Während des Freiheitkampfes Indiens gegen die Engländer wurden
sehr viele Sikhs durch den Strang hingerichtet, gefoltert, erschossen und
erlitten lange Inhaftierungen, damit das Land die Freiheit erlangen konnte.
Obwohl Die Sikhs nur 1.8% der indischen Bevölkerung ausmachen, haben
sie in der Armee, in der Landwirtschaft, im Sport, in der Industrie usw
einen wesentlichen Beitrag geleistet. Sie sind sehr fleissig und widmen sich
auf missionarischer Weise ihrer Arbeit. Ihrer Abenteuerlichkeit und ihr
Unternehmungsgeist hat sie in alle Teile der Welt geführt.
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Heilige Schrift |
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Um die Universalität der spirituellen Botschaft hervorzuheben, nahm
Guru Arjan Dev, als er den Shri Adi Granth, die Heilige Schrift der Sikhs,
zusammenstellte, Hymnen und Gebete aus den mystischen Schriften der Heiligen
aller Kasten und Glaubensrichtungen auf. Die Sikh-Schriften nehmen in der
religiösen Geschichte eine einzigartige Stellung ein. Sie zeigen nicht
nur den ersten, wohlüberlegten Versuch auf, die Einheit aller
Religionen zu veranschaulichen, sondern sind auch in einer Sprache verfaßt,
die noch lebendig ist und nicht der Vergangenheit angehört. Im
Gegensatz zu anderen Hochreligionen Indiens sind die religiösen Werke
der Sikhs nicht in klassischen Sprachen verfasst, sondern in der lokalen
Sprache Punjabi. Sikhs sind lediglich Wächter des Gurus Granth Sahib
(granthi). Jeder Sikh hat die Wahl, den Guru Granth Sahib im Gurdwara zu
lesen (einem Sikh-Tempel) oder bei sich zu Hause.
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Philosophie und Glauben |
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Es gibt nur Einen Gott. Er ist der gleiche Gott für Menschen aller
Religionen. Die Seele geht durch Zyklen von Geburten und Toden, bevor es die
menschliche Gestalt annimmt. Das Ziel unseres Lebens sollte, ein Führen
einer vorbildlichen Existenz sein, damit man vielleicht mit Gott
zusammenkommt. Sikhs sollten sich jederzeit an Gott erinnern und ein
tugendhaftes und wahrheitsgemäßes Leben führen. Außerdem
sollte ein Gleichgewicht zwischen ihren geistigen und zeitlichen Pflichten
aufrechterhalten werden. Der wahre Pfad zum Erreichen von Erlösung und
dem Zusammenkommen mit Gott verlangt keinen Verzicht von der Welt oder gar Zölibat.
Das Leben als ein Hausherr, der sich seinen Lebensunterhalt ehrlich verdient
und weltlichen Versuchungen und Sünden widersteht, ist bereits auf dem
rechten Weg. Sikhismus verurteilt blinde Rituale, wie das Fasten, den Besuch
von Pilgerstädten, Aberglauben, Verehrung der Toten, Idol-Verehrung und
so weiter. Sikhismus predigt, daß Leute anderer Nationalitäten,
Religionen, oder Geschlechts in den Augen Gottes gleichgestellt sind. Es
unterrichtet die volle Gleichheit von Männern und Frauen. Frauen können
an jeder religiösen Funktion teilnehmen, Sikh-Zeremonien durchführen
oder die Gemeinde im Gebet führen.
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Grundmerkmale der Lehre |
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Das Wort Sikh bedeutet soviel wie immerwährendes Lernen. Ziel des
Lebens ist die Vereinigung mit Gott. Ein Sikhs darf weder Rauchen noch
Alkohol oder Drogen zu sich nehmen. Wie die Hindus, essen sie kein
Rindfleisch. Die Sikhs lassen Ihre Haare von Geburt an wachsen, ohne sie zu
schneiden. Verborgen werden die Haare unter dem Turban. Haare sind für
die Sikhs Symbol für die Kraft eines Menschen. Frauen sind im
Sikkhismus theoretisch "Gleichberechtigt" und Witwen können
wieder heiraten.
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Fünf einfache Zeremonien |
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Die wichtigen Zeremonien der Sikhs sind die, die mit der Geburt verbunden
werden, d.h. wenn das Kind Namen bekommt, Amrit (Tauffe), Anand Karaj
(Hochzeit) und die Todeszeremonie. Die wichtigste Zeremonie von allen ist
Amrit (Taufe der Sikhs). Es gibt keine besonderen Rituale bei diesen
Zeremonien. Das Wichtigste ist die Rezitierung von Hymnen vom Guru Granth
Sahib. Die Toten werden bei den Sikhs verbrannt und die Aschen in einem nähegelegenen
Kanal oder Fluß geworfen. Kein bestimmter Fluß wird als heilig
angesehen. Es ist verboten Denkmäler über die Reste der Toten zu
bauen. Alle diese Zeremonien haben ein gemeinsames Ziel, nämlich, um an
unsere Beziehung zu Gott zu erinnern. Sie werden als Zweck, der die Mittel
heiligt, angesehen, d.h. die Einigung der Seele mit Gott.
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Der besondere Charakter |
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Der Sikh hat einen besonderen Charakter, der durch fünf praktische und
nutzliche Symbol dargestellt wird, die im Volksmund als die fünf "Ks"
bekannt sind, da jeder der Symbole mit den Buchstaben "K" anfängt.
Kesh: ungeschnittene Harre. Männer dürfen auch den Bart
nicht schneiden und tragen zusätzlich einen Turban.
Kangha: ein hölzerner Kamm als Zeichen der Sauberkeit. Er wird
in den Haaren getragen .
kacha: Besondere Baumwollunterhosen zur Erinnerung an sexuelle Mäßigung.
Kara: e in Stahlarmereif, der zum Ausdruck bringt, daß man der
Wahrheit verpflichtet ist.
Kirpan: ein Dolch als Symbol dafür, daß es für die
Khalsa Ehrensache ist, die Armen, Schwachen und Unschuldigen zu verteidigen.
Wer die Haare schneidet, gilt als patit (Abtrünniger).
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Der Gurudwara |
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Das Gotteshaus der Sikhs ist der gurdwara (Türe des guru). Sie sind
alle schon von weitem am nishan sahib erkenntlich, einer dreieckigen
orangefarbigen Flagge mit dem Khanda-Zeichen. Jeder Mensch, ungeachtet
seiner Kaste, dessen Glaubensbekenntnis, seine Kultur oder Nationalität,
darf den Gurdwara besuchen
Vor dem gurdwara müssen die Schuhe ausgezogen und der Kopf bedeckt
werden. Wer Alkohol getrunken hat oder Rauchwaren bei sich trägt, darf
den gurdwara nicht betreten. Im gurdwara steht anstelle eines Altars ein
palki, wo der Guru Granth Sahib auf Kissen und kostbaren Tüchern liegt.
Das ganze ist mit einem Baldachin überdacht. Das heilige Buch steht im
Zentrum. Ihm gebührt die Andacht. Alle Besucher erweisen ihm ihre
Ehrerbietung, indem sie sich vor ihm verneigen und mit der Stirne den Boden
berühren. Alle Menschen sind gleich, deshalb müssen alle am Boden
sitzen. Weder darf ihm der Rücken zugedreht noch die Füße
gegen ihn gerichtet werden.

Jeden Tag wird frühmorgens das heilige Buch feierlich hineingetragen,
geöffnet und vom granthi daraus gelesen. Auf die Lesungen (path) folgt
das von den Hymnsängern (ragis) gesungene Gotteslob (shabad kirtan).
Der Gottesdienst wird mit Ardas beendet - ein Gebet, indem der Segen Gottes
aufgerufen wird, um Frieden, Wohlbefinden und Schutz für die ganze
Menschheit zu gewähren. Anschließend wird die Gott geweihte Süßspeise
verteilt. Bei speziellen Gelegenheiten wird ununterbrochen während etwa
48 Stunden der ganze Guru Granth Sahib gelesen (akhand path).
"O Gott, gebe uns Erleuchtung, gebe uns Verständnis, damit wir
wissen, was Dich erfreut. Und möge die ganze Menschheit durch Deine
Gnade glücklich sein."
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Was ist Satsang ? |
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Satsang ist eine Verbindung mit 'Sat' oder der 'Wahrheit'. Satsangs sollten
deshalb ausschließlich Gesprächen über 'Sat' gewidmet sein,
was in der weiteren Auslegung auch die Rede von Gott, Seele, dem 'Wort'; die
Verbindung zwischen Seele und Gott auf der einen Seite, sowie Universum und
Seele auf der anderen Seite; den Gottespfad oder den Pfad der
Gotterkenntnis, und den Gottmenschen oder den spirituellen Meister mit
einschließt, Was Er ist, Seine Notwendigkeit und Bedeutung und Seine
Lehren.
Es umfasst zugleich auch Gespräche über verwandte Themen, wie
ethisches Leben, Liebe, Glaube, Mitgefühl und all das, was den Weg
bereitet für eine gesunde und fortschreitende Entwicklung göttlichen
Lebens, das zum Aufblühen des Geistes im kosmischen Bewusstsein führt.
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Die öffentliche Küche |
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Zu jedem grösseren gurdwara gehört ein langar (eine öffentliche
Küche). Hier sind alle Menschen unabhängig von der Religion zum
Essen eingeladen.
Guru Nanak startete als erster diese Institution, welche die grundlegenden
Sikh-Prinzipien von Dienst, Bescheidenheit und Gleichheit grob umreißt.
Finanzierung und die Arbeit gelten als seva (Dienst für Gott). Das
Essen ist rein vegetarisch und besteht in indischen gurdwara meist aus Dal
(Linsen) und Chapattis (Fladenbrot).
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Die goldene Tempel von Amritsar |
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Das bedeutungsvollste historische religiöse Zentrum der Sikhs ist
Harmiandir Sahib (Der Goldene Tempel) bei Amritsar im Staat von Punjab im
Norden Indiens. Es ist der inspirative und historische Mittelpunkt der
Sikh-Religion, jedoch keine obligatorische Stelle für Pilgerfahrt oder
Verehrung. Jeder Ort an dem Sri Guru Granth Sahib Einzug erhalten hat, wird
von den Sikhs als gleichwertig heilig erachtet.
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Feste & Feiertage |
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Kein Wochentag wird als heiliger Tag betrachtet. Am ersten Tag des
indischen Mondkalenders (sangrand) besuchen viele Sikhs einen gurdwara,
sofern sie dies nicht sowieso täglich tun. Spezielle Feste sind die
Geburtstage der gurus, der Geburtstag von khalso: Vaisakhi (Mitte April) und
das Martyrium von Guru Arjan und Guru Tegh Bahadur. Weitere Feste sind
Lohrri und eher lokale Feste
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Die Ehe |
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Laut der Religion der Sikhs ist die Eheschließung ein Sakrament -
eine heilige Union und nicht einfach ein Vertrag. "Man wird nicht zu
Mann und Frau, indem man einfach nebeneinander sitzt. Nur diejenigen, die
einen Geist teilen können, können Mann und Frau sein," Im
Sikhismus glaubt man nicht an Ehelosigkeit. Die Ehe und das Familienleben
werden als ehrenhaft, natürlich und ideal angesehen. "O, mein
Geist, bleib auch im Haushalt frei. Wenn Du die Wahrheit praktizierst und
Deine Begehren unter Kontrolle hast und gute Taten volbringst, wird Dein
Geist mit der Gnade das Gurus erleuchten" Die Eheschließung eines
Sikh Ehepaares erfolgt, in dem man vier Mal um den Guru Granth Sahib herum-
geht. Jades Mal wird ein Epithalamium, eine, Hymne, aus dem Guru Granth
Sahib rezitiert. Darin wird dem Ehepaar geraten ihre gemeinsame eheliche
Beziehung nach dem was in diesen Hymen rezitiert wird, aufzubauen. Dieselbe
Zeremonie wird auch bei der Wiederheirat einer Witwe oder enes Witwers
durchgeführt.
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Die Stellung der Sikh Frau |
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Die Frau ist ein wichtiger Teil der Sikh Gemeinschaft. Sie erhält äußersten
Respekt für ihre Rolle in der Familie und in der Gesellschaft. Die
Witwe hat das Recht wieder zu heiraten, wenn sie möchte. Eine Frau hat
die gleiche Seele wie ein Mann und sie hat die gleichen Rechte beim
spirituellen Wachstum und darf diese auf ihre eigene weibliche Art tun. Sie
darf auch beim Zusammentreffen der religiösen Gemeinde dabei sein und
die heiligen Hymmen rezitieren. Die Sikh Frauen tragen keine Schleier
(Purdah). Mitgift und Scheidung sind nicht erlaubt. Das Tragen von
Bekleidung, die den Körper zeigt und wollüstige Gedanken fördert,
wird als unehrenhaft betrachtet.
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Sikh-Zeichen (Nishan Sahib) |
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Ein stählerner Ring stellt die Einheit Gottes dar, das zweischneidige
Schwert versinnbildlicht seine Sorge um Wahrheit und Gerechtigkeit, zwei
gekreuzte Krummschwerter umgeben das Ganze als Zeichen seiner Allmacht. Über
jedem Sikh Tem pel (Gurdwara) weht eine Flagge mit diesem Zeichen.
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Der Wedel |
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Der Wedel steht für Autorität und wird zum Zeichen der
Ehrerbietung über der heiligen Schrift bewegt, um die Fliegen zu
vertreiben wie einst von den menschlichen Gurus. Der Wedel kann aus
Pfauenfedern, Yakhaaren, Ziegenhaaren oder aus Synthetischem Material
gefertigt sein.